Vorträge& Symposien

Bau ist mehr als Wirtschaft:  Das SYMPOSIUM „Ethik in Bau & Denkmalpflege“ im Geschichtspark Bärnau-Tachov

Am 30.04.2024 kamen im Geschichtspark Bärnau-Tachov Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis in Bau und Denkmalpflege zusammen, um die verschiedenen Aspekte der Verantwortung des Bausektors zu diskutieren.

 

Laut einem UNEP-Report aus dem Jahre 2022 ist der Bausektor für 37 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich – Zeit, dort genau hinzuschauen und nach Alternativen zu suchen!

 

Ein möglicher Fundort für Alternativen ist die Geschichte, denn über Jahrtausende war effiziente Ressourcennutzung – und damit ein schlanker CO2-Fußabdruck – schon aus Gründen der Verfügbarkeit geboten: Man nutzte, was regional zur Verfügung stand und passte Bauweisen und Verarbeitungstechniken daran an. Aus dem Gedanken heraus, das über Jahrhunderte verwandte Wissen für die Zukunft nutzbar zu machen, erarbeitete der Verein Via Carolina – Goldene Straße e.V. bereits im Jahre 2022 das Projekt „Altes Handwerk neu gelernt im bayerisch-tschechischen Grenzraum“. Dies überzeugte auch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, welches das Projekt fördert.

 

Nachdem im Jahr 2023 im Geschichtspark Barnau-Tachov bereits ein Symposium zum Thema „Kalk in Denkmalpflege und Neubau“ stattfand, das die aktuellen Einsatzmöglichkeiten des bewährten, aber inzwischen kaum noch beachteten Baustoffs beleuchtete, weitete sich der Blick im April auf grundsätzliche Aspekte und Ansprüche des Bauens.

Aber ethisch bauen, was soll das sein? Behandelt Ethik nicht vielmehr den Bereich des zwischenmenschlichen Handelns als die Konstruktion und Instandhaltung von Bauwerken?

Die Erklärung ist in den Folgen der Bautätigkeit zu finden, die vielfältigen Einfluss auf den einzelnen Menschen und die Menschheit als Gesamtes haben: Naheliegend sind die Folgen der Bautätigkeit für das Klima. Professor Dr. Ralf Kilian vom Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften an der Universität Bamberg stellte in seinem Vortrag die Ergebnisse der Forschungstätigkeit des Fraunhoferzentrums für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege in Benediktbeuern vor. Dabei stellte er die Umnutzung von Bestandsbauten, die Nutzung lokal verfügbarer Naturbaustoffe, energetische Sanierung, die Sicherstellung von Langlebigkeit und die Vermeidung problematischer Baustoffe bei gleichzeitigem Erhalt des kulturellen Erbes im Baubestand in den Mittelpunkt.

 

Dieser Zusammenhang mag immer noch schwer greifbar und entfernt erscheinen – doch zugleich gibt es Aspekte, die den Menschen in seiner konkreten Lebenswelt alltäglich betreffen: Während Bertram Barthels, Host des YouTube-Kanals „The Aesthetic City“ den Fokus auf den Zusammenhang einer ansprechend gestalteten Umgebung mit der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner legte und für die Berücksichtigung grundlegender Formprinzipien plädierte, betrachtete Vinzenz Dufter vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. den Einfluss der gebauten Umgebung auf die kulturelle Identität der Menschen.

 

Noch konkreter wurde es im Vortrag von Karel Zoch, dem Leiter des Denkmalamtes in Pilsen, der das umfangreiche Werk des Architekten Adolf Loos und die Tätigkeiten zu dessen Erhaltung in seiner Heimatstadt vorstellte. Unmittelbaren Anwendungsbezug für ein planerisches Vorgehen, das der Erhaltung lokaler Kultur Rechnung trägt, stellte Diplomingenieur Christian Schönberger in seinem Vortrag zum Einfluss der Glasproduktion auf die Bauentwicklung her: Mit vielfältigen Beispielen wies er auf die häufig vernachlässigte Rolle der Fenster für die Gestaltung von Kulturlandschaften hin. Abgerundet wurde das Symposium durch einen Beitrag Michael Bruckners von der Glashütte Lamberts aus Waldsassen, der die jüngst als immaterielles Kulturerbe geehrte handwerklich anspruchsvolle Technik der Herstellung mundgeblasenen Flachglases vorstellte.

 

Unterm Strich konnten die über 40 Teilnehmenden online und vor Ort einen umfassenden Einblick darin gewinnen, was es bedeutet, im Bausektor auch die ethische Dimension in den Blick zu nehmen. Deutlich wurde dabei, dass gegenwärtige Bedürfnisse nur vermeintlich in Widerspruch zu Errungenschaften der Vergangenheit stehen – stattdessen lohnt der Blick auf den Bestand, ob baulich oder kulturell.

Nicht zuletzt wurde die grenzübergreifende Kooperation gefördert: Knapp die Hälfte der Teilnehmenden vor Ort reiste aus Tschechien an, das Onlineformat ermöglichte gar die Teilnahme aus Finnland und der Schweiz, sodass zukunftsweisendes Wissen aus der Oberpfalz in die EU getragen werden konnten.