Bauhütte Bärnau

Motivation

Der Geschichtspark Bärnau-Tachov ist ein Freilichtmuseum für früh- und hochmittelalterliche Bau- und Lebensweisen. Daran angebunden entsteht im Rahmen des Kompetenzzentrums traditionelle Handwerkstechniken seit 2017 eine spätmittelalterliche Reisestation Karl IV an der Goldenen Straße.

Der Bau der spätmittelalterlichen Reisestation Karl IV ist ein experimentell-archäologisches Projekt, bei dem durch die Bautätigkeit traditionelles Handwerkswissen praktisch erprobt, bewahrt sowie ausgestorbene Verfahren und Techniken neu erlernt werden. Die hochspezialisierten Handwerker:innen der Vergangenheit haben mit ihrem Können und den über Generationen angesammelten Erfahrungen unsere Kultur, unsere Landschaft und das Erscheinungsbild unserer Städte und Dörfer geprägt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Zeugnisse überlieferter Handwerkskunst erfreuen sich alte Fachwerkstädte auch bei fachfremden Besucher:Innen großer Beliebtheit.
Die moderne Bauweise, neuartige Baustoffe und nicht zuletzt die zunehmende Industrialisierung des Handwerks haben dazu geführt, dass in den letzten zwei Generationen sehr viel kulturprägendes Wissen verloren ging. Inspiriert durch die praktische Anwendung altbewährter, vorindustrieller Materialien wuchs die Motivation die überlieferten Techniken tiefer zu erlernen und deren Anwendbarkeit besser zu verstehen.

Mit ihrem großen Erfahrungsschatz bauten die damaligen Handwerker:innen aus einfachsten, lokal verfügbaren Materialien langlebige und widerstandsfähige Bauten, die unterschiedlichsten Generationen und Nutzungen gerecht wurden. Wir glauben, dass dieses überlieferte und in Vergessenheit geratene Wissen einen wichtigen Beitrag beim Übergang in eine ökologische und zukunftsfähige Bau- und Lebenskultur leisten kann.

Daher ist es unser Ziel, diese traditionellen Bauweisen wieder mehr in den Fokus zu rücken, im heutigen Bauen zu etablieren und in den Erfahrungsschatz der ausführenden Handwerker:innen einfließen zu lassen.

Beispielhaft möchten wir dafür das Naturdorf Bärnau entstehen lassen: Eine Ferienhaussiedlung deren Häuser traditionelle Bauweisen, regionale Materialien aber eben auch den Wohnstandard der heutigen Zeit vereinen. Diese Häuser sollen Übernachtungsgästen, Besucher:innen aber auch Baufachleuten die Möglichkeit geben, eine alternative Bauweise zu erleben.
Das moderne und industrielle Bauen ist aus unserer Sicht nur eingeschränkt zukunftsfähig. Es werden sehr energieintensive Baustoffe eingesetzt (Beton und Zementmörtel, petrochemische Verbund- und Dämmstoffe, etc.) deren Wiederaufbereitung oder Entsorgung bereits heute problematisch erscheint und zukünftige Generationen sowie das Wohl unserer Umwelt belasten wird. Die Verwendung dieser Stoffe in der jüngeren Vergangenheit führte bereits innerhalb weniger Jahrzehnte zu diversen Bauschäden und Sanierungsschwierigkeiten. Insbesondere in der Altbausanierung und -restaurierung führte der Einsatz moderner Baustoffe häufig zur Verschlimmbesserung der Bausubstanz die erneute Instandhaltungsarbeiten nach sich zog und jahrhundertealte Denkmäler schädigte.

Durch den wissenschaftlich begleiteten Bau des Naturdorf Bärnau wollen wir den aktuellen Kenntnisstand traditioneller Bautechniken dokumentieren und eine Wissensgrundlage für zukünftige Anwendung schaffen. Die Bauhütte Bärnau als ausführende Instanz soll in diesem Zusammenhang eine Bildungsplattform aufbauen, die während der Bauphase – als auch anschließend in Form von Seminaren und Workshops – Handwerker:innen und Bauleute weiterbildet. Daraus erhoffen wir uns eine Neubewertung der aktuellen Bauweise und -ästhetik sowie eine höhere Wertschätzung und Kompetenz des Handwerks.

 

All das Gesagte gilt analog auch für unsere aktuellen Landnutzungsformen. Traditionelle Landwirtschaft arbeitete kreislaufwirtschaftend und kam ohne äußere Energiezufuhr aus. Industrielle Landwirtschaft ist von einem hohen Energieeinsatz geprägt und führt in ihrer heutigen Form zu vielerlei ökologischen Problemen.

Daher ist es für uns selbstverständlich, das zukunftsfähige Konzept unserer Bauweise auf die Landschaftsnutzung im Naturdorf Bärnau zu übertragen. Deshalb gehören zu jedem Haus eine intensiv ökologisch bewirtschaftete Nutzgartenfläche sowie eine extensiv essbar bepflanzte Grünfläche.

Werte & Grundsätze

Die Bauhütte Bärnau verwendet ausschließlich regionale Naturmaterialien wie Holz, Lehm, Kalk und Naturstein. Die Häuser werden in lange erprobter (Fachwerk-) Bauweise mit dem Wissen und den Umsetzungsmöglichkeiten der heutigen Zeit gebaut. Bei den eingesetzten Materialien versuchen wir eine industrielle Vorverarbeitung möglichst zu vermeiden, um Transportwege und Emissionen zu minimieren sowie Kompetenzen in der Materialverarbeitung in der Bauhütte zu bündeln. Die hohe Wertigkeit handbearbeiteter Oberflächen lässt sich durch maschinelle Bearbeitung kaum nachahmen. Traditionelle Werkzeuge und ihre Bearbeitungsspuren waren in der Geschichte häufig stilprägend. Die Bauhütte Bärnau möchte diese Ästhetik wieder mehr in den Blickpunkt stellen.
Wir möchten Handwerker:innen aus- und weiterbilden und Handwerksberufe wieder attraktiver machen. Wissenschaftliche Erkenntnisse unserer Bautätigkeit sollen den akademischen Diskurs bereichern und Ingenieur:innen und Architekt:innen Entscheidungshilfen zur Hand geben.

Der Anspruch an uns und unsere Bauten soll sich auch in unserer Landnutzung widerspiegeln. Wir möchten auf geringer Fläche durch intensive ökologische Bewirtschaftung von Hand hochwertige Erträge erzielen, Humus aufbauen und dadurch die Bodenqualität langfristig verbessern. Auch hier wollen wir Musterlösungen aufzeigen und Weiterbildung ermöglichen.

All diese Werte spiegeln sich in unserer Prämisse 

BAUBAR Zukunft gestalten

wider.